Liselotte Pulver
DANN IST JEDE TRAURIGKEIT VERGESSEN
Von ROMAN ZORN
LISELOTTE (genannt Lilo) PULVER, die Schweizer Schauspielerin mit dem herzhaften Lachen, steht seit 1949 in zahlreichen Kino- und Fernsehproduktionen vor der Kamera, aber besonders ein Film hat sie schlagartig berühmt, beliebt und unverwechselbar gemacht: "Ich denke oft an Piroschka" (1955). Wie Lilo hier in einem der erfolgreichsten deutschen Nachkriegsstreifen die unbekümmerte und stets fröhliche 17-jährige Tochter des Bahnhofsvorstehers (GUSTAV KNUTH) im ungarischen Puszta-Dorf HHódmezövásárhelykutasipuszta spielt und dem jungen deutschen Austauschstudenten Andreas (GUNNAR MÖLLER) den Kopf verdreht, das zaubert auch heute noch dem TV-Zuschauer ein Schmunzeln ins Gesicht. "Piroschka" gehört zu den am meisten wiederholten Filmen im deutschen Fernsehen und darf sich mit dem Filmband in Silber und dem Preis des Verbandes Deutscher Kritiker e.V. schmücken.
Die am 11. Oktober 1929 in Bern als Tochter eines Tiefbau-Ingenieurs geborene LILO PULVER arbeitet nach dem Handelsschul-Diplom 1948 zunächst als Mannequin. Am Konservatorium ihrer Heimatstadt erlernt sie die Schauspielkunst, debütiert am Stadttheater und erhält bald ein Engagement am renommierten Schauspielhaus Zürich. 1949 folgt die erste Filmrolle in LEOPOLD LINDTBERGS "Swiss Tour". Nach dem auch international überragenden Erfolg der "Piroschka" ist LISELOTTE PULVER erst einmal auf den Typus des burschikos frohgelaunten Mädchens festgelegt. Sie brilliert in den allesamt 1957 entstandenen Filmen "Arsène Lupin Lupin, der Millionendieb" (mit O.E. HASSE), "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" (mit HORST BUCHHOLZ), "Die Zürcher Verlobung" (mit PAUL HUBSCHMID und BERNHARD WICKI) und in DOUGLAS SIRKS Remarque-Verfilmung "Zeit zu leben und Zeit zu sterben" (mit JOHN GAVIN und ERICH MARIA REMARQUE). Und Lilo dreht munter weiter wie am Fließband einen Kinorenner nach dem anderen. Eine kleine Auswahl: "Das Wirtshaus im Spessart" (1958), "Buddenbrooks" (1959, u.a. mit HANSJÖRG FELMY), "Das Glas Wasser" (1960, mit GUSTAF GRÜNDGENS).
WENN MAN TROTZDEM LACHT...
Der weltbekannte Regisseur BILLY WILDER ("Manche mögen's heiß") engagiert LISELOTTE PULVER 1961 mitten im Kalten Krieg für den satirischen Streifen "Eins, Zwei, Drei", der im geteilten Berlin kurz vor dem Mauerbau spielt. Der Film kommt beim Publikum und auch bei den meisten Kritiken allerdings nicht an, denn die damals äußerst gespannte Lage an den Berliner Sektorengrenzen eignet sich offensichtlich nicht als Schauplatz einer politischen Komödie. 1985 wird "Eins, Zwei, Drei" in Frankreich und Deutschland wiederentdeckt und die Zuschauer krümmen sich jetzt vor Lachen. LISELOTTE PULVER ist hinreissend in ihrer Rolle als quirlige blonde Sekretärin "Fraulein Ingeborg" des West-Berliner Coca-Cola-Direktors MacNamara (JAMES CAGNEY). Sie tanzt zu den Klängen des Säbeltanzes barfuß auf dem Tisch und bezirzt die "bösen" Vertreter der russischen Handelskommission. Die Cineasten urteilen nunmehr: "Ein Kultfilm"!
Und ein weiterer Höhepunkt in LILO PULVERS langer Karriere, die auch noch Leinwanderfolge wie u.a. "Kohlhiesels Töchter" (1962, mit DIETMAR SCHÖNHERR), "Dr. med. Hiob Prätorius (1965, mit HEINZ RÜHMANN) und "Das Superweib" (1996, mit VERONICA FERRES, TIL SCHWEIGER und HEINER LAUTERBACH) aufweist. In den 70er und 80er Jahren sehen die Zuschauer LISELOTTE PULVER zudem in zahlreichen Fernsehserien. Kinder lieben sie als fröhliche und kluge "Lilo" in der gespielten deutschen Rahmenhandlung (1978 bis 1983) des TV-Dauerbrenners "Sesamstraße". Ihre vorerst letzte Rolle dreht sie 2007 in dem Remake der "Zürcher Verlobung".
1993 veröffentlicht die vielfach ausgezeichnete Künstlerin (mehrere Bundesfilmpreise und Bambis, Platin Romy, Goldene Kamera, Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, Bayerischer Verdienstorden etc. ) ihre Erinnerungen unter dem Titel "...wenn man trotzdem lacht". LISELOTTE PULVER hat die Fröhlichkeit nicht verlernt, obwohl ihr das Schicksal nicht immer wohlgesonnen ist: 1989 nimmt sich ihre 21-jährige wohl drogensüchtige Tochter Melisande mit einem Sturz vom Berner Münster das Leben; 1992 stirbt ihr Ehemann HELMUT SCHMID, mit dem sie eine 30-jährige glückliche Ehe geführt hat. LISELOTTE PULVER hat noch ihren Sohn Marc-Tell (geboren 1962) und lebt heute von der Öffentlichkeit weitgehend zurückgezogen in einer Seniorenresidenz in Bern. Über ihr berühmtes Lachen sagt sie etwas melancholisch in einem Interview: "Es ist noch da. Aber ich würde gerne mit jemandem zusammen meine Witzchen machen. Ich habe schon noch Lust zu allerlei Späßen. Wenn ich über etwas lachen muss, dann ist in dem Moment jede Traurigkeit vergessen. (abc-stars.com)
Datum: 03.08.2009
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